Zeit: | 16. – 18. Februar 2006 |
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Veranstaltungsort: | Württembergisches Landesmuseum, im Alten Schloss, Schillerplatz 6 |
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Philosophie und Wahrnehmungspsychologie haben seit jeher Auge und Ohr privilegiert; als Hauptsinn galt das Sehen. Dinge erschließen sich jedoch nicht nur über das Visuelle, sondern vor allem durch den Tastsinn. Wir spüren Stoffe und Eigenschaften wie Dichte, Härte oder Glätte mit Haut und Hand. Dadurch "begreifen" wir buchstäblich unsere Umwelt und werden zugleich von ihr berührt.
Im Zeitalter der Informationstechnologie, der Digitalisierung und Virtualisierung scheint sich jedoch der Charakter des Taktilen nachhaltig verändert zu haben. Zu erleben ist einerseits eine neue Aufwertung des Bildes. Doch an der Schnittstelle von Mensch und Technik wird künftig auch das Haptische stärkere Beachtung finden müssen.
Dieses Problemfeld und seine Konsequenzen standen im Mittelpunkt der interdisziplinären Tagung "Materialität und Taktilität im Informationszeitalter", die das Internationale Zentrum für Kultur- und Technikforschung (IZKT) der Universität Stuttgart vom 16. bis 18. Februar 2006 durchführte.
Die Veranstaltungen wurden mit einer Podiumsdiskussion am Donnerstag, 16. Februar im Literaturhaus Stuttgart initiiert. Unter dem Motto "Fingerübungen" gingen die Hamburger Literaturwissenschaftlerin Claudia Benthien, der Züricher Kulturtheoretiker Jörg Huber, Werner Sobek, Leiter des Instituts für Leichtbau, Entwerfen und Konstruieren der Universität Stuttgart, sowie der Karlsruher Medienwissenschaftler Peter Weibel dem Verhältnis von Dingen, Material und Tastsinn auf die Spur. Ein weiterer Höhepunkt war der öffentliche Vortrag am Freitag, 17. Februar. Hartmut Böhme, Professor für Kulturtheorie und Mentalitätsgeschichte an der Humboldt-Universität zu Berlin, sprach über das Thema "Die Dinge und der Tastsinn".
Das eigentliche Symposium fand am 17. Februar von 9.30 Uhr bis 17.30 Uhr und am 18. Februar von 9.00 Uhr bis 16.00 Uhr im Alten Schloss statt. Es nahmen Referenten aus Deutschland, dem benachbarten Ausland sowie Kanada teil.
Die Wissenschaftler diskutierten die Konsequenzen, die aus den Begrenzungen des Visuellen zu ziehen sind. So ist erstens die taktil-haptische Wahrnehmung aus ihrem Schattendasein zu führen und gegenüber dem Vorrang der visuell-akustischen Welt aufzuwerten. Zweitens kann der taktile Sinn als unser "Existenzsinn" beschrieben werden. Das Sehen hält sich gegenüber seinem Gegenstand auf Distanz und das Hören trifft distinkte Unterscheidungen; dagegen erzeugt die Berührung auf ganz eigene Weise das Gefühl der Gewissheit, dass etwas existiert.
Besonderes Augenmerk wurde auf die neuen Informationstechnologien gerichtet. Durch diese kommt den Oberflächen, Interfaces und Schaltern eine eigene und zentrale Bedeutung zu. Technische Medien funktionieren jedoch häufig über einfache taktile Strukturen wie Knopfdruck, Ein- und Ausschalten oder Mausklick. Der Trend geht deshalb zu einer stärkeren Beachtung des Haptischen an der Mensch-Technik-Schnittstelle durch haptische Displays, die komplexe Kommunikationen organisieren oder in Form von "Force Feedbacks", bei denen Widerstand als materiale Qualität empfunden wird.
Hier öffnet sich ein weites Feld für neue Fragen und Forschungen. Sie betreffen beispielsweise die Strukturen von Interaktionen, bei denen mehr als nur ein oder zwei Sinne angesprochen sind und zusammenspielen müssen, aber auch die Materialien, die neue, bislang noch unbekannte Eigenschaften aufweisen müssen.
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