Massentierhaltung ist 2049 verboten, doch Hannah beharrt auf ihrem Tischgebet, der eigentlich entschlossen vegan lebende Daniel gründet ein Start-Up, das Edelrestaurants mit Fleisch beliefert und dann ist da noch ein heimlicher Kuss. Das ritualisierte Treffen unter vier Freund:innen wird zum Drama um Essen, unterschiedliche Moralvorstellungen, Geldsorgen und Beziehungen.
Reflexive Auseinandersetzung durch Figurenentwicklung
"Früher gab es Schnitzel" ist ein Kammerspiel zu Tisch, das Debatten rund um zukünftige (Un-)Freiheiten des Essens zuspitzt und dabei auch die kulturelle und soziale Praxis beleuchtet. Kammerspiele zeichnen sich dadurch aus, dass sich die Handlung mit nur wenigen Figuren in einem klar abgegrenzten Raum abspielt. Damit kommt den Figuren und deren Konflikten eine zentrale Rolle zu. Die Entwicklung der Figuren, so erzählt das Filmteam um Ann-Cathrin Schlieder, Isabella Solarte Llanos und Anna Wekwerth, sei auch ein tiefergehendes Nachdenken über Sozialisation und ernährungskulturelle Prägungen gewesen.
Die praktische Umsetzung des Films regte das studentische Filmteam zur kritischen Selbstreflexion mit Nachhaltigkeitsfragen an: Kann man etwa heute noch traditionelle Rinder-Rouladen als Requisiten wie Verbrauchsmaterial nutzen? Das Filmteam wählte verfügbare vegane Varianten, warf während des Drehs mit veganem Schnitzel um sich und auch die Schauspieler:innen kamen auf ihren Geschmack: Durch den Film kosteten sie erstmals Insekten.
Besser planen, altes Wissen reaktivieren
Das Thema Lebensmittelverschwendung war ein zentrales Thema des Abends: im Hospitalhof wurden die Besucher:innen empfangen mit aus geretteten Lebensmitteln zubereiteten Kostproben von Supp_optimal – Essen für alle, einer Initiative der Bürgerstiftung Stuttgart. Eindrücklich zeigten Bernd Fischer, der sich im Laufe seines Werdegangs „vom Sternekoch zum Inklusionskoch“ entwickelte, und der Lebensmittelchemiker und -berater Wolfgang Kesselring mit Zahlen auf: 11 Millionen gute, genießbare Lebensmittel werden jährlich in Deutschland weggeschmissen. Damit könnten täglich 75 Millionen Essen zubereitet werden. Um dies zukünftig zu vermeiden, bringt die Umweltpsychologin Laura Henn die Idee ein, dass wir wieder ein besseres Lebensmittelmanagement erlernen müssen. Auch die Reaktivierung von altem Wissen rund um Haltbarmachung und Konservierung wäre eine Idee.
Essen als individuellen Ausdruck und Feld der Gestaltungsfreiheit begreifen
In kaum einem anderen alltäglichen Feld sind wir so frei und handlungsfähig wie in der Wahl unseres Essens. Dass sich Essen zukünftig verstärkt zum Ausdruck eines individuellen Lebensstils entwickelt, ist auch die Zukunftsprognose des studentischen Filmteams. Doch nicht nur im Individualisierungsbestreben, sondern auch über gesellschaftliche und intergenerationelle Aushandlungen könnten sich Überzeugungen verändern: Wolfgang Kesselring sieht gerade Kinder als „Transformatoren für Familien“. Dabei sind sich die Podiumsgäste einig: Die Verantwortung liegt auch in der Außer-Haus-Verpflegung, in der Schulküche oder der Kantine. Dass es bislang noch keine spezifische Ausbildung in der vegetarischen oder veganen Küche gibt, sollte sich wie auch Flächen- und Ackernutzung, bis 2049 geändert haben.